PROPRIOZEPTION - anschaulich erklärt

Vor einigen Tagen hatte mein Sohn einen schweren Fahrradunfall - keine Sorge er ist bereits erwachsen, was seine Verletzungen nicht weniger macht, aber ja, wäre er noch ein Kind, ich wäre vor Sorge vergangen.

Achtung - nichts für schwache Nerven

Nach seiner Arbeit wollte er wie gewohnt mit seinem Fahrrad nach Hause fahren. Es war etwas feucht - eben typisches Februarwetter - und er musste über Straßenbahngleise fahren, die auf seinem Weg lagen.

Jeder weiß, dass das mit dem Fahrrad schnell zum Problem werden kann, wenn man in die Rillen der Gleise kommt. Um das zu vermeiden holte mein Sohn etwas aus, um die Gleise in einem steileren Winkel zu überqueren. Doch das wurde ihm insofern zum Verhängnis, als dass sein Vorderrad auf dem feuchten Metall der Schienen wegrutschte und er in einem hohen Bogen über den Lenker nach vorne stürzte, wobei sein Kiefer das erste war, das den Boden berührte.

Für derartige Belastungen ist ein menschlicher Kiefer natürlich nicht gemacht - und er brach…

Empathie und Körpergedächtnis

Der Unterkiefer brach schräg rechts am Kinn diagonal nach unten. Der Oberkiefer auf beiden Seiten ist kurz vor dem Gelenk angebrochen und nochmal auf der linken Seite eher weiter Richtung Nase. Drei Zähne - zum Backenzähne - sind beschädigt, davon einer gebrochen und sein linker Gehörgang ist gebrochen.

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Wenn ich Dir das alles erzähle, spürst Du es dann auch förmlich am eigenen Körper und bekommst so ein ungutes Gefühl, weil Du Dir sehr gut vorstellen kannst, wie sich das wohl anfühlen muss?

Mit anderen Worten, Du durchlebst an Deinem Körper, was mein Sohn erlebt hat. Ganz einfach, weil Du Dir auch schon oft genug weh getan hast, und weißt, wie sich so was anfühlt. Deine pure Erinnerung daran reicht aus, um Dir ein relativ genaues Bild davon zu machen.

Nicht genau so, aber ganz ähnlich verhält es sich mit der Propriozeption.

Propriozeption - alles im Fluß

Bei der Propriozeption geht es darum, zu wissen/spüren, ohne genau hinschauen zu müssen, sondern nur aus der Erinnerung an vorherige Erlebnisse und Beobachtungen, wo Du Dich im Raum befindest. Und zwar nicht nur als kompletter Mensch, sondern Deine einzelnen Gliedmaßen und Körperteile.

Dies ist beim Tanzen wichtig, z.B. bei Drehungen. Du weißt immer genau, wo vorne und hinten ist. Aber auch bei schnellen Bewegungen weißt Du genau, wie Du Deinen Fuß platzieren musst, Deine Schulter drehen Deine Bauchmuskeln anspannen musst, um die Bewegung richtig auszuführen.

Und bei Yogaflows ist das wichtig, damit Du zum richtigen Zeitpunkt Deine Schulter rotierst, wenn Du Dich zum Beispiel aus Downer Dog in Wild Thing zurück fallen lässt. Oder wenn Du Deinen Fuß hinter Dir greifst, wenn Du eine Seitplanke machst. Oder wenn Du aus Tadasana zurücksteigst, dass Dein Fuß genau dort landet, wo Du ihn haben willst, um sofort in die nächste Figur fließen zu können.

Eine gute Propriozeption ist das, was Deinen Flows die Eleganz verleiht, weil Du ohne zu ruckeln wie Wasser immer weiter fließen kannst nahtlos von einer Figur in die andere.

Propriozeption verbessern

Das Gute ist, Deine Propriozeption kannst Du lernen und verbessern. Denn im Grunde ist es das, dass Du Deinen Körper und seine Bewegungen von innen fühlst und zugleich genau weißt, wo Du Dich im Außen - also im Raum und auf Deiner Matte befindest.

Dazu gibt es eine wunderbare Übung in meinem Flowbook - und zwar Cool Down N.6 - wo Du der Aktivierung Deiner Muskeln nachspürst und genau beobachtest, ab wann sie sich verändert.

Mehr Propriozeption - mehr Achtsamkeit

Doch selbst taktile Reize wie die Berührung Deiner Kleidung mit Deinem Körper oder der Kontakt mit Deiner Matte geben Dir somatische (körperliche) Erfahrungen, anhand derer Du Deine Selbstwahrnehmung trainieren und verbessern kannst.

Diese Fähigkeit wird das Maß Deiner Achtsamkeit deutlich erhöhen, weil Dir immer mehr Details auffallen, sodass Du Dich immer feiner auf Deiner Matte ausrichten und Deine Bewegungen abstimmen kannst.

Und genau diese Fähigkeit wird Deine Flows immer flüssiger und geschmeidiger machen.

Doch nicht nur das, eine verbesserte Propriozeption setzt auch das Risiko herab, sich zu verletzen - und das ist doch das Allerwichtigste für eine erfüllende lebenslange Praxis, die Dich glücklich macht.